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Offener Brief an den Ministerpräsidenten von NRW, Armin Laschet

 

Änderung des z. Z. gültigen Jagdgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen

 

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

 

 

in Ihrer doch noch recht jungen Amtszeit haben Sie etliche Chancen vertan bzw. nicht genutzt, wobei ich nur

auf ein Versäumnis eingehen möchte.
Die Liquidierung der „Stabsstelle Umwelt- und Verbraucherschutzkriminalität“ durch Ihre damalige, inzwischen zurückgetretene Ministerin im MUNLV, Frau Schulze Föcking. Als Ministerpräsident besitzen und besaßen Sie gegenüber Mitgliedern Ihres Kabinetts Weisungsbefugnis, aber anscheinend vertrauten Sie der Behauptung Ihrer damaligen Fach-Ministerin, die Stabsstelle wäre überflüssig, da ineffektiv, was allerdings objektiver Wahrheit nicht entsprach.

 

 

Auf andere „unklare Angelegenheiten“ innerhalb Ihres Kabinetts einzugehen, erspare ich mir, möchte mich

aber mit einer Chance befassen, die Sie, Herr Ministerpräsident, als solche nicht erkannt, möglicherweise bewusst ignoriert haben: Die Chance, aus einem schon spürbar ökologisch geprägten Jagdrecht für das Land Nordrhein-Westfalen ein Jagdrecht mit Vorbildfunktion zu gestalten.


Stattdessen haben Sie vor den 91.456 Jagdscheininhabern, davon 64.148 (70,18% v. Ges.) Mitglieder

im Landesjagdverband NW, den Kotau gemacht, was den Vorsitzenden des LJV NW erfreut haben dürfte. Aus der Möglichkeit ein modernes, Richtung weisendes Landesjagdgesetz zu formen, wurde ein scharfes Bremsmanöver mit Richtungswechsel und voller Fahrt zurück in eine unerquickliche Vergangenheit. Motto: Grün ist zwar die Farbe der Hoffnung, doch nur sporadisch des Jägers Gedankengut! 91Tsd. oder auch nur 64 Tsd. potentielle Wähler, das sind Zahlen, die Manchen Zugeständnisse und Entgegenkommen signalisieren lassen.

 

 

Was bisher an Informationen zu rückwärts gewandter Änderung des Landesjagdgesetzes bekannt geworden

ist, lässt einen schaudern!
Zwar sollen nicht alle Tierarten, die demnächst dem Jagdrecht (wieder) unterstellt sein werden, auch bejagt werden. Einige dieser Spezies sollen (zunächst?) ganzjährige Schonzeit „genießen“ dürfen. Sich an anderen Landesjagdgesetzen und am Bundesjagdgesetz orientierend, sollte sich NW entsprechend aufstellen, sodass im Landesjagdgesetz folgende, ganzjährig geschützte und landestypische Arten aufgeführt werden:

 

Elch, Wisent (soll entfallen?), Steinwild, Luchs, evtl. Wolf (s. Sachsen), Seehund, Schneehase; Auerwild, Birkwild, Rackelwild und – mit Angabe einer Jagdzeit – Gamswild.
Ebenfalls aufgeführt im (gegenwärtig in Arbeit befindlichen) verbesserten Landesjagdgesetz NW sollen u. a. Wildkatze, Mauswiesel und Fischotter sowie beim Federwild alle NRW-Arten (vermutlich gleichgültig, ob Brutvögel, Durchzügler oder Wintergäste), was die Artenvielfalt zur Befriedigung der Schießlust beträchtlich erhöht. Wenn ob fehlender Artenkenntnis versehentlich (?) Exemplare gefährdeter oder bedrohter Arten tot oder krank geschossen werden, was macht’s? Hauptsache, der/die Schütze/In fand Befriedigung!

 

 

Höchst befremdlich auch, dass gemäß neuem, erbesserten Gesetz das Aussetzen von künstlich

ausgebrüteten und aufgezogenen Hybridfasanen sowie Enten (Hochbrutflugenten hießen die früher) letztlich problemlos möglich sein wird. Bereits 8 Wochen, nachdem die semidomestizierten Tiere ausgesetzt worden sind, sind diese zu vollwertigen Wildtieren mutiert, die zum Vergnügen der Flintenschützen abgeballert werden dürfen. Noch etwas für die Jäger Günstiges bewirkt das Aussetzen dieses Pseudowildes, das aufgrund der künstlichen Aufzucht naives Verhalten zeigt, mithin bequeme Beute für Beutegreifer darstellt. Der Hegetrieb der Jäger wird geweckt, alles was über scharfen Zahn und/oder spitze Kralle verfügt, muss rigoros verfolgt werden zum Schutz der jagdlichen Zielobjekte. Ist der Beutegreifer ein Säugetier ist die Bekämpfung und Vernichtung mit fast allen Mitteln erlaubt. Greifvögel gehören zwar zu den geschützten Arten, aber der überzeugte „Heger“ mit Jagdlizenz ist bei der Wahl seiner Mittel erfindungsreich. Ein kleiner Trost, nicht alle Jäger sind „Heger“ dieser Art.

 

 

Das Gros der Jagdausübenden sind Hobby-Jäger, die – mit modernstem Gerät ausgerüstet – mittels

ihrer Allradfahrzeuge bevorzugt nicht befestigte Wege in Schlammtrassen verwandeln, sehr zum Verdruss nichtjagender Erholungssuchender. Da diese Freizeitjäger, trotz häufigen Gebrauchs der Wörter „Deutsche Weidgerechtigkeit, Naturschutz, Ökologie, natürliches Gleichgewicht etc. häufig nicht wissen, wovon eigentlich sie sprechen, kann ihr Handeln fatale Folgen haben. Würden diese Hobby-Jäger jagdliche Egoismen hintanstellen, den Begriff „natürliches Gleichgewicht“ in der Mottenkiste verschwinden lassen, versuchen, Ökologie und Naturschutz zu verstehen und zu interpretieren, dann bestünde bei richtigen Bejagungsstrategien vielleicht Hoffnung, Schwarz- und Rehwildbestände auf „Normalmaß zu senken“.

 

 

Nach allem, was bis jetzt zu Konzept und Inhalt der neuen „verbesserten“ Landesjagdgesetzes

herausgefunden werden konnte: Es wird ein Gesetz werden, das die Interessen der Jägerschaft sowie von Herrn Müller-Schallenberg und Herrn Lindner, dem ziemlich frisch gebackenen Jungjäger, voll befriedigen wird. Natur- und Umweltschutzbelange werden zu kurz kommen und unsinnige Vernichtungspraktiken bei Rabenkrähe und Ringeltaube feiern fröhliche Wiederauferstehung. Zumindest eine potentielle Wählerpopulation ist hervorragend bedient worden: Die Absolventen des Dummbegriffs „Grünes Abitur“.

 

 

Mit halbwegs freundlichen Grüßen, trotz nicht wahrgenommener Chancen von Ihrer Seite, ein zukunftsweisendes Landesjagdgesetz mitzugestalten

 

Gastautor:

 

Dr. Reinhard Scharnhölz