Der Elsenthaler oder „ Leitenluchs „ von 2015 animiert immer wieder die Schreiblust und bewegt die Gemüter von interessierten Menschen. Wir möchten – auch im Interesse des Schutzes der Luchse in Bayern – einen ergänzenden, informativen Beitrag zu diesem speziellen Fall der interessierten Öffentlichkeit zukommen lassen.
Faktenlage und Zusammenhänge:
Der Jagdpächter und Beständer:
…“fand er laut eigener Aussage ein demoliertes Auto mit drei Insassen und einem toten Luchs vor.“ (Grafenauer Anzeiger v. 20.12.2016)
Protokoll Polizeiinspektion Grafenau 19.03.2016:
„Fahrer befand sich zum Unfallzeitpunkt alleine im PKW.“
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Der Jagdpächter war zuerst am „Unfallort“. Die drei Insassen muss er folglich wahrgenommen haben! Es stellt sich die Frage, warum der Fahrer später im Polizeibericht angab, alleine unterwegs gewesen zu sein. Ist eventuell beteiligten Personen die Tragweite einer Falschaussage später bewusst geworden?
Protokoll Polizeiinspektion Grafenau, Aktenvermerk vom 19.03.2016:
„Fahrer berichtet, dass es einen lauten „Schlag“ gegeben hätte. Er wusste zunächst nicht, was los war und hielt seinen PKW erst nach einem Kilometer an, um dann wieder zurück zu fahren. Da bemerkte er den Luchs, der noch im Bereich seiner Fahrbahn lag und bereits tot war. Der Schadenslage und auch dem Einvernehmen des Unfallfahrers nach wurde dieser im Frontbereich des PKW erfasst und weggeschleudert.
Ein Überfahren hat nicht stattgefunden.“
Offene Fragen:
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Wie kann der Luchs weggeschleudert worden sein, wenn er noch im Bereich der Fahrbahn des Unfall-Pkw lag?
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Wenn auf der Strecke erhebliche Geschwindigkeitsbegrenzung vorgeschrieben ist, wie kann man nach einem lauten Schlag noch einen Kilometer weiterfahren?
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Mit welchem Tempo war das Unfallfahrzeug wirklich unterwegs?
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Bei dem dokumentierten Schaden am Fahrzeug (DEKRA Gutachten) ist eine Weiterfahrt über die beschriebene Strecke schwer vorstellbar. Besonders in Abhängigkeit der amtlich vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbeschränkung auf dieser Strecke.
Wenn der Luchs durch einen lauten Schlag weggeschleudert worden ist, kann er also nicht überfahren worden sein. Dies geht auch aus dem polizeilichen Aktenvermerk hervor. Folglich ist es schwer vorstellbar, dass das Fell des Exemplars die beschriebenen Schleif- und Schürfstellen aufweist. Des Weiteren ist es beachtenswert, dass der Körper des Tieres tot im Bereich der Fahrbahn lag, somit nicht weit geschleudert worden sein kann. Laut DEKRA-Gutachten hat ein Kontakt mit dem Wildkörper im Frontbereich des Pkw stattgefunden. Da die Breite der Fahrbahn bekannt ist, ist die Strecke zwischen Aufprall und Liegestelle des toten Körpers messbar. In Abhängigkeit zur Geschwindigkeit hätte bei den bekannten Schleif- und Schürfstellen am Fell der Luchskörper über eine größere Strecke gezogen worden sein müssen.
Protokoll Polizeiinspektion Grafenau 12.04.2016:
„Keine Schleif- oder Schleuderspuren auf der Fahrbahn.“
Da aber ein Überfahren ausgeschlossen werden kann und nur ein Aufprall dokumentiert ist, könnte dieser, wenn überhaupt, nur durch ein Seitenteil des Fahrzeugs erfolgt sein. Die dokumentierten Beschädigungen am Fahrzeug im Frontbereich(!)können nicht mit der Unfallbeschreibung und dem Luchskörper in Verbindung gebracht werden. Ein Überfahren hätte auch wesentlich mehr Schäden am Skelettsystem hinterlassen.
Protokoll Polizeiinspektion Grafenau 12.04.2016:
„Keine Feststellungen über Blut, Haare oder sonstige Körperflüssigkeiten am Auto.Keine Schleif- oder Schleuderspuren auf der Fahrbahn vorhanden.“
- Dies ist bemerkenswert!
Protokoll Polizeiinspektion Grafenau 12.04.2016:
„Der Fahrer war zunächst 500m weitergefahren. Nachdem ihm bewusst wurde, dass er ein Tier frontal erfasst hatte, kehrte er an die Unfallstelle zurück und verständigte die Polizei.
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Nach einem heftigen Aufprall ist der Fahrer 500m (widersprüchliche Aussage) weitergefahren? Trotz erheblicher Geschwindigkeitsbegrenzung! Wie ist das möglich? War er wirklich allein unterwegs oder waren doch drei Personen im Auto?
Protokoll Polizeiinspektion Grafenau 19.03.2016:
„Der Luchs überquerte dabei die Fahrbahn von rechts nach links. Er benutzte dabei eine
Behelfsbrücke, die bei der Sanierung des Wasserkraftwerkes angelegt
wurde.“
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Im Beitrag „Hinterhalt im Luchsrevier“ wurde genau diese Stelle dokumentiert.
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Die im Grafenauer Anzeiger vom 20.12.2016 aufgestellte Behauptung „Im Film wurde der verkehrte Ort genannt“... ist somit falsch.
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Überquerung der Behelfsbrücke: Wer hat dies geäußert, auch nachweisen können, oder handelt es sich nur um eine Vermutung?
Grafenauer Anzeiger vom 20.12.2016:
„… in der nächsten Woche sei das Tier dann untersucht worden... eine örtliche Tierärztin: „Ich
habe einen tiefgefrorenen Luchs bekommen.“ Das Röntgenbild habe ergeben, dass das Tier
einen Genickbruch hatte.
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Einen tiefgefrorenen Luchs kann man nur sehr eingeschränkt untersuchen. Hier lassen sich keine verbindlichen Aussagen treffen.
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Der beschriebene Genickbruch ist nicht in Verbindung mit einem Autounfall zu sehen, da die Beschädigung vertikal erfolgte.
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Der beim Unfallaufprall beschriebene laute „Schlag“ und die damit verbundenen Beschädigungen am Fahrzeug müssten sehr wohl erhebliche Beschädigungen am Knochensystem der Katze verursacht haben, die aber forensisch nicht festgestellt werden konnten.
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Der von der Tierärztin beschriebene Genickbruch (Grafenauer Anzeiger 20.12.2016) hätte sie nachdenklich stimmen müssen.
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Die Trümmerfraktur im Bereich des Schädels könnte nur erfolgt sein, wenn ein Fahrzeug fast vertikal auf den Körper/ Bereich des Schädels getroffen wäre. Dies hätte aber auch erhebliche Beschädigungen am gesamten Skelett des Tieres zur Folge gehabt, die nicht nachgewiesen werden konnten!
Besichtigung des Fahrzeugs erfolgte am 11.08.2015 gegen Uhr 14:00 durch die DEKRA in Schönberg:
Auszüge aus dem Gutachten der DEKRA:
„Die vorgefundenen Besichtigungsbedingungen waren ausreichend. Das Fahrzeug wurde von oben besichtigt. Es wurde in einer geschlossenen Garage mit eingeschränkter Helligkeit besichtigt. Eine Besichtigung von unten war zum Besichtigungszeitpunkt nicht möglich.
Fällige HU: 07/2015
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Zum Zeitpunkt des Unfalls war der TÜV des Fahrzeugs abgelaufen.
Laut DEKRA Gutachten waren Vorschäden vorhanden!
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Die Reparaturkosten wurden mit Euro 3700.- festgestellt. Der Restwert des Fahrzeugs wurde auf 2.300,00 Euro geschätzt.
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Wieso stand das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Begutachtung in der Garage und wie kam es wohl dort hin?
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Wie konnte das Fahrzeug unter den oben beschriebenen Bedingungen ausreichend besichtigt und überprüft werden?
Ungereimtheiten auf ganzer Linie: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
Emil und Kiang
Bild Pixabay
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