NOTWEHR GEGEN WOLF – HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
so lautet ein Beitrag in der „Deutsche Jagd Zeitung“ vom 17. Februar 2021; Verfasser ist der Jurist Dr. Heiko Granzin.
Vorbemerkung: Der Verlag Paul Parey, Sitz in Berlin bis 1945, danach in Hamburg, ab 1989/90 in Hamburg und Berlin, war ein durchaus seriöser Verlag, dessen Veröffentlichungen gerade auch von der Wissenschaft ernst genommen wurden. Indes, der Paul Parey Verlag wurde in den 1990er Jahren von Blackwell Publishers übernommen, das Buchgeschäft im Jahre 2003 veräußert. Mit dem Namen Parey verbunden blieb einzig der „Parey-Zeitschriften-Verlag“ mit gemischtem Angebot; u. a. Jagen weltweit, das Magazin der Trophäenjäger, die im 19. Jahrhundert begründete Jagdzeitung Wild und Hund sowie eben auch die Deutsche Jagd Zeitung.
Der 1970 geborene Jurist und Jäger Dr. Heiko Granzin, Mitglied in immerhin drei Landesjagdverbänden (HH, SH, MV), dem Bund der und Militär- Polizeischützen sowie dem Verein Dachsbracke e.V., scheint der Art Wolf, Canis lupus Linnaeus, 1758 keineswegs zugeneigt. Im zweiten Satz des Beitrages von Herrn Granzin taucht der Begriff „agrarischer Masochismus“ auf, hier beschränkt auf die Freilandhaltung von Nutztieren und Verluste durch Wölfe, was aber eindeutig zu kurz gesprungen ist. Für fast die gesamte Landwirtschaft gilt: Immer mehr, immer billiger produzieren, immer weniger verdienen, wenn das kein Masochismus ist, was dann?
Der Satz „Nein – immer, wenn ich irgendwo lese, dass einer der Grauen auf der Autobahn zu Brei gefahren wurde, huscht ein Lächeln über mein Gesicht.“ belegt eine recht eigenartige Geisteshaltung. Aber da unterscheidet sich Herr Dr. Granzin nicht vom Gros der Jägerschaft, für das die Beutegreifer – vom Mauswiesel bis zum Wolf – üble Gesellen sind, die der Tod ereilen möge. Auch der nachfolgende Satz „Doch der Straßenverkehr allein wird die fortschreitende Bestandsexplosion dieses jagdlichen Mitessers nicht aufhalten.“ Abgesehen von dem ziemlich hinkenden Euphemismus des ‚jagdlichen Mitessers‘, gerade in den Bundeländern Sachsen, Brandenburg und Niedersachsen kommt es im ländlichen Raum zu massiven Schlafstörungen der Bevölkerung durch die von der Bestandsexplosion ausgelösten Detonationen; fürwahr ein Höllenlärm!
Die Begriffe wie „der graue Jäger, der Grauhund, der struppige Bursche, der Graurock, der Graue oder – für Hunde – Vierläufer, sind reichlich abgeschmackt, ja geradezu langweilig. Wenn es in den
Bereich Taxonomie geht, trifft der Jurist Granzin voll daneben: canis lupus, das geht gar nicht: Der Name der Gattung beginnt mit einem Großbuchstaben und wird kursiv geschrieben, die
Artbezeichnung folgt klein und kursiv geschrieben, also Canis lupus, das reicht für einen Juristen; vom Zoologen darf man erwarten, dass er Erstbeschreiber und Jahr der Beschreibung
kennt.
Weitere Anmerkung: Das Wort Vesper ist feminin, der von Granzin geschriebene Satz „Trotzdem muss niemand zum Wolfsvesper werden.“ ist einfach falsch. Übrigens, wenn jemand „Schnuffel“, die
14-jährige blinde Mischlingsdame mit Dackellähme am Riemen führen sollte, läge ein klarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor. Oder wollte Herr Granzin nur mal Unsinn von sich geben? Sein Satz
„Als Jäger gefragt, wüsste ich hingegen ganz exakt, was ich meiner treuen Hündin [„Schnuffel“, 14-jährige Mischlingshündin mit Dackellähme] in diesem Moment schuldig wäre.“ ist einfach grotesk!
Die rechtliche Belehrung der Leserschaft durch Herrn Dr. Granzin bleibt insgesamt recht vage, passend zur gegenwärtigen Rechtslage in Sachen Wolf. Nur im Kapitel „Erbtantenprinzip“ wird Herr Granzin deutlich konkreter, aber nicht, ohne sich vorab abzusichern: „Es soll hier niemand zu irgendetwas angestiftet werden.“ Nur wirklich begriffsstutzige Jagdlizenzinhaber*innen könnten die letzten Sätze dieses famosen Beitrages missverstehen. Wenn hierin nicht deutlich zur großen Losung und Lösung, zu SSS (Schießen, Schaufeln, Schweigen) aufgefordert wird, wozu dann? Wörtliches Zitat: Insofern gilt das „Erbtantenprinzip“ – tief graben und ewig schweigen. Oder Sie kommen zu mir. Wenn Sie mich ganz lieb fragen (so komme ich noch einmal auf die etwas schlüpfrigen Eingangszeilen zurück) mache ich es Ihnen vielleicht umsonst. [abgesehen vom fehlenden Komma hinter der Klammer, der letzte Halbsatz wird in bestimmtem Milieu bisweilen benutzt.]
Vom Sprachniveau ist das Geschriebene des Herrn Dr. Heiko Granzin doch eher unterste Schublade, erinnert an Diktionen aus erbärmlichen Zeiten, in denen das Regime bestimmte, was lebenswert
ist.
Und das Makabre ist, dass die Anschrift des Parey Zeitschriftenverlages GmbH lautet Erich-Kästner-Straße 2 in 56379 Singhofen. Erich Kästner war ein ausgezeichneter Schriftsteller, feiner Satire
durchaus fähig, die Feder als Florett nutzend. Der jagende Jurist Granzin dagegen, ähnelt eher einem Keulenschwinger, zumindest, wenn man rückschließt auf seinen Artikel in Deutsche Jagdzeitung
vom 17. Feb. 2021.
Dies meinen Emil und Kiang
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Martin Reifinger (Montag, 01 April 2024 16:45)
Auch Juristen sind vor erbärmlichem Beuteneid nicht gefeit, wenn sie ihr Hobby im Töten gefunden haben. Dieses outing ist einfach abstoßend und widerlich; es wirft ein bezeichnendes Bild auf die Geisteswelt der Deutschen Jägerschaft, wenn sie diesen Beitrag unwidersprochen zur Kenntnis nimmt.